Im Jahre 1888 wurde der Frankfurter Hauptbahnhof als größter
Kopfbahnhof Europas mit 24 Bahnsteigen eingeweiht. 27 Jahre später zog Leipzig nach. Als der Hauptbahnhof am 1. Oktober 1915
eingeweiht wurde, überflügelte er nicht nur die Mainstadt, sondern war einer
der größten Bahnhöfe der Welt: 26 Bahnsteige und 5 Außenbahnsteige.
Einige technische Daten mögen den Umfang der Arbeiten
verdeutlichen: Fünf alte Bahnhöfe mussten weichen und die Parthe über 900 m
umgeleitet werden. Zu den Bahnhöfen gehörte auch der Dresdner Bahnhof, von dem
aus am 07. April 1839 die historische erste deutsche Überlandeisenbahnfahrt von
Leipzig nach Dresden begann. Aus der Gründerzeit stammt nur noch ein Heizhaus,
das seit 1989 museal genutzt wird und u. a. eine 9 m lange Lokomotive zeigt, die
originalgetreu nachgebaute „Saxonia“ von 1838/39.
Der umbaute Raum beträgt 1.560.000 m³ auf 83.640 m²
Grundfläche. Das Gebäude ist 298 m lang. In den Eingangshallen führen zehn
Meter breite Freitreppen zum 3,84 m höher liegenden Querbahnsteig, der 270 m
lang, 33 m breit und 27 m hoch ist. Die gesamte Querhalle wird von einer gläsernen Flachtonne überspannt. Auch die
Restaurants und Wartesäle werden vom Licht durchflutet.
Für den sichtbaren Teil des Empfangsgebäudes wurde Sandstein
verwendet. Die 12 überlebensgroßen Plastiken stehen für die Erbauer bzw.
typische Leipziger Berufe: an der Westhalle sind Arbeiter, Ingenieur, Steinmetz, Zimmermann, Eisenarbeiter
und Erdarbeiter und an der Osthalle Professor, Musiker, Student, Kaufmann, Buchdrucker und Zurichter
zu sehen.
Gebaut wurde der Hauptbahnhof mit einem Kostenaufwand von 137
Mio. Mark. In diesem Gigantismus verbirgt sich aber auch die damalige
Kleinstaaterei: denn er besteht eigentlich aus zwei Bahnhöfen - einem
preußischen und einem sächsischen.
Bis 1934 gab es deshalb alles doppelt: Die Gleise 1-13 gehörten der preußischen, die Gleise 14-26 der sächsischen
Bahn. Deshalb existieren auch zwei Empfangshallen, zwei Treppenaufgänge und
doppelte Wartesäle. Bis 1934 durfte nämlich kein preußischer Zug im sächsischen Teil des Bahnhofs
einfahren, wie kein sächsischer im preußischen Teil.
Im 2. Weltkrieg stark zerstört, wurde er 1954-1962 mit einem
Kostenaufwand von 40 Mill. Mark wieder aufgebaut.
Als die Deutsche Bahn feststellte, dass nach der Wende die
Personenbeförderung rapide abnahm, leitete sie Pläne für einen Umbau des
Bahnhofs ein. Auf dem riesigen Querbahnsteig entstand innerhalb von zwei Jahren ein Einkaufs-
und Dienstleistungszentrum mit mehr als 100 Geschäften, Gaststätten und
Service-Einrichtungen auf drei Etagen – die Promenaden Hauptbahnhof. Gleichzeitig
wurden zwei Parkhäuser errichtet, von denen eins direkt in den Bahnhof gebaut
wurde.
Viele Bürger Leipzigs liefen Sturm dagegen. Ihnen bedeutete der Umbau die
Schändung eines Wahrzeichens Leipzigs. Die Proteste sind seit der
Fertigstellung des Umbaus 1997 verebbt. Seitdem existieren nur noch 24 Gleise. Der Hbf Leipzig ist
damit gleich auf mit dem Hbf Frankfurt/Main.
An der Ecke Richard-Wagner-/Goethestraße erinnert ein Obelisk
an den Bau der ersten deutschen Fernbahnstrecke (1836-1839) von Leipzig nach
Dresden.